Artikel 6 des Pariser Abkommens und der freiwillige Markt für Treibhausgas-Kompensation

Die Allianz für Entwicklung und Klima (im Folgenden „die Allianz“) wurde 2018 vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) gegründet. Ziel der Allianz ist es, Unternehmen, Institutionen und Individuen für die freiwillige Kompensation von Treibhausgasen zu gewinnen und so freiwilliges, zusätzliches Engagement im Bereich Kompensation von Treibhausgasemissionen zu unterstützen. Die Allianz misst dem Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung und der Klimawirkung der Projekte eine gleichwertige Wichtigkeit bei.

Der freiwillige Kompensationsmarkt ist international nicht reguliert, d. h. es existieren keine einheitlichen international anerkannten Standards. Dennoch bestehen direkte und indirekte Verknüpfungen zwischen dem freiwilligen Kompensationsmarkt und den marktbasierten Mechanismen unter der Klimarahmenkonvention (KRK). Derzeit verhandeln die Vertragsstaaten die Regeln für (Markt-)Mechanismen unter dem Pariser Abkommen (PA). Eine Verabschiedung des Regelwerks zur Umsetzung von Artikel 6 (Artikel-6-Regelwerk) wird auf der 26. Vertragsstaatenkonferenz (Conference of the Parties, COP26), die 2021 in Glasgow abgehalten werden soll, erwartet. Teil des Regelwerks sind die Richtlinien für kooperative Ansätze und den Transfer von Minderungsleistungen nach Artikel 6.2 sowie ein neuer multilateraler Kreditierungsmechanismus (Artikel-6.4-Mechanismus). Im Zentrum der Regeln zu Artikel 6.2 steht die Vermeidung der Doppelzählung beim internationalen Transfer von Minderungsleistungen.

Doppelzählung ist ein Überbegriff, der die doppelte Registrierung, doppelte Zertifizierung oder doppelte Nutzung von Emissionsminderung umschreibt. Doppelzählung führt dazu, dass eine Minderungsleistung zweimal angerechnet wird und dadurch netto die globalen Emissionen steigen. Im Kontext der nationalen Klimaschutzbeträge (Nationally Determined Contributions, NDCs) wird Doppelzählung durch corresponding adjustments, also „entsprechende Anpassungen“ in der Emissionsbilanz eines Staates vermieden. Derzeit wird verhandelt, inwiefern Gaststaaten auch dann corresponding adjustments durchführen müssen, wenn Minderungsleistungen aus diesen Staaten auf dem freiwilligen Markt oder im Kontext anderer internationaler Verpflichtungsmärkte (etwa dem Carbon Offsetting and Reduction Scheme, CORSIA) transferiert und verwendet werden. Daraus ergibt sich eine Reihe von Fragen, wie sich diese und ggf. weitere Regelungen auf den freiwilligen Kompensationsmarkt auswirken werden. Vor diesem Hintergrund sucht die vorliegende Studie Antworten auf die folgenden Leitfragen:

  1. Wie kann Doppelzählung nach Artikel 6 des Pariser Abkommens im freiwilligen Markt vermieden werden? Welche Optionen werden international verhandelt und welche Auswirkungen haben sie?
  2. Inwiefern kann der freiwillige Markt einen Beitrag zur Umsetzung von NDCs leisten und eine Ambitionssteigerung erwirken?

Die vorliegende Studie basiert auf der Analyse der aktuellen Verhandlungstexte sowie von Diskussions- und Positionspapieren verschiedener Marktakteure zur Zukunft des freiwilligen Marktes im Kontext des Pariser Abkommens. Darüber hinaus führten die Autorinnen und Autoren kurze, semistrukturierte Interviews mit Unternehmen, Standardanbietern und Gaststaaten zu den Auswirkungen verschiedener Handlungsoptionen auf den freiwilligen Markt.